40. KW - Die Südliche Krone und ihre Nebel

Etwa 10° südöstlich des Sternbildes Schütze mit seinen hellen Milchstraßenwolken liegt das unscheinbare Sternbild Südliche Krone (Corona Australis = CrA), unscheinbar aber nur auf den ersten Blick. In Wirklichkeit ist hier ein astronomisch interessantes Terrain zu finden, eine Nebellandschaft mit allen astrofotografischen Feinheiten und Schwierigkeitsgraden. Hermann von Eiff hat uns dieses prächtige Bild als AdW eingereicht. Die Aufnahme entstand am 9. Juli 2015, Ort war die Farm Tivoli in Namibia. Kamera war eine Canon 5D MK II mit einem Canon-Objektiv EF 200 mm f/2,8. Bei Blende 4 und ISO 1600 wurden zwischen 21:06 - 22:52 Uhr MEZ 24 Einzelbilder zu je 5 min Belichtungszeit aufgenommen. Montierung war eine Losmandy G11. Die Bildbearbeitung erfolgte mit PixInsight und Photoshop CC. Das Bild zeigt Norden oben und Osten links, die Feldgröße beträgt 10,2° x 6,7°.
Zu dieser Szenerie gibt es einige interessante Anmerkungen. Was sehen wir? Bitte jetzt das Originalbild herunterladen, weil wir in die Details gehen. Ganz rechts im Westen, wo der bräunliche Nebel beginnt, erkennt man bei (2052/651) den Veränderlichen V686 CrA, einen 5,38 mag hellen B3-Stern, mit B-V = -0,14 mag treffend knallblau wiedergegeben. Bei (1951/595) sitzt der 4,83 mag helle F4-Stern Epsilon CrA. Bei (1907/480) prangt der Kugelsternhaufen NGC 6723, für lange Brennweiten lohnenswert. Es folgen zwei bläuliche Reflexionsnebel: zunächst bei (1804/545) der etwa 8' ausgedehnte, sehr helle und diffus nach außen laufende NGC 6726-7. Bei (1836/588) liegt der Doppelstern HD 176269/176270. Beide Komponenten haben je rund 6,5 mag und sind wegen des Spektraltyps B9 leuchtend blau. Daher geben sie dem umgebenden Nebel IC 4812 die blaue Farbe mit. Wichtigstes Detail - wenn auch sehr klein im AdW - ist bei (1792/564) der weißliche Reflexionsnebel NGC 6729. Er beherbergt den „Coronet Cluster“, einen Infrarot-Sternhaufen mit zahlreichen Mitgliedern. Der hellste davon ist an der Westspitze von NGC 6729 hell erkennbar: der Veränderliche R CrA. Nach ihm wurde das gesamte Gebiet benannt: Die R CrA-Molekülwolke. Sie enthält zahlreiche junge Sterne, die noch nicht einmal ihr Hauptreihenstadium erreicht haben und deshalb oftmals veränderlich sind. Die Entfernung der Molekülwolke wird von den Astronomen zwischen 130 bis 170 pc angegeben (420 bis 550 Lj). Sie erstreckt sich von den blauen Reflexionsnebeln bis in den anschließenden, nach Südosten ragenden Dunkelnebel.
Jetzt zu diesem Dunkelnebel. Oft wird der Fehler gemacht, ihn als Bernes 157 zu bezeichnen! Das ist uns in früheren AdWs selbst passiert! Be 157 steht auch in vielen Quellen zu lesen - ist aber definitiv falsch. Also: Bitte die Originalliteratur anschauen! Be 157 ist ein kleiner Nebel, der im Originalkatalog von C. Bernes (1977) als heller (!) Reflexionsnebel von nur 1' Ausdehnung angegeben wird und der zwischen NGC 6726 und IC 4812 liegt. Was ist nun mit der Dunkelwolke? Es hat mehrere Untersuchungen gegeben. Am klarsten erscheint mir die Bezeichnung nach dem Dobashi-Katalog: Dobashi 7608 bei (1758/603) und Dobashi 7604 bei (1690/646). Dann liegt bei (1574/598) der 4,2 mag helle F8-Stern Gamma CrA. Er sollte vom Spektraltyp her weißlich erscheinen, und so ist es auch im Bild. Alpha CrA, der hellste Stern der Südlichen Krone mit 4,09 mag, ist bei (1434/810) zu finden. Als A2-Stern leuchtet er wiederum bläulich. Beta CrA findet sich dann bei (1426/1163). Der 4,1 mag helle K0-Überriese leuchtet gelborange. Und schließlich ist Delta CrA bei (1519/1443) gelegen. Auch dieser 4,6 mag helle K3-Riese leuchtet orange. Anzumerken: Die Sterne Alpha, Beta, Gamma, Delta und Epsilon CrA formen mit V686 CrA den bekannten Bogen der Südlichen Krone.
Was dieses Bild so wertvoll macht, ist das riesige Feld. So ist es möglich, die wahre Ausdehnung des orange-bräunlichen CrA-Nebels zu erkennen. Ausgehend vom Zentralbereich um die RCrA-Molekülwolke mit NGC 6729 erscheint sich der Nebel wie eine Rauchfahne nach Osten zu erstrecken. Man ahnt förmlich die Dynamik im System. Meine Überzeugung: Ein Zeitrafferfilm über die Jahrtausende würde das Abströmen nach Osten dokumentieren. Auffallend ist die harte Kante am Westende, dort wo die Strahlung der rechts oben befindlichen Milchstraße auftrifft. Und wenn man sich das Zusatzbild anschaut (hier klicken), dann erkennt man anhand des kontrastverstärkten DSS-Bildes, dass die Nebelfahne noch viel weiter hinausreicht.
Text zum Objekt und den Aufnahmedaten: Peter Riepe
Die Dunkel- und Reflexionsnebel im Sternbild Corona Australis sind ein sehr beliebtes Fotomotiv für Astrofotografen, die eine Reise zur Südhalbkugel unternehmen. Die Objekte bieten dabei etwas für alle Brennweiten. Mit großen Teleskopen kann man wundervolle Details rund um die Reflexionsnebel fotografieren, während kurzbrennweitige Aufnahmen die Ausdehnung der Dunkelwolken zeigen. Der Bildautor Hermann von Eiff schreibt uns dazu: “Selbst mit 200 mm und Vollformat passt der Nebel nicht vollständig ins Bild“. Tatsächlich offenbart sich die komplette Ausdehnung erst ab ca. 80 mm Brennweite bei Vollformat. Der Dunkelnebel erinnert dann etwas an den hellen Kometen West des Jahres 1976.
Abgesehen davon, dass die Aufnahme unter dem fantastischen namibischen Himmel gemacht wurde, überzeugt die Bildbearbeitung dieser Aufnahme. Die Trennung von schwächsten Filamenten des Dunkelnebels gegen den perfekt bearbeiteten Himmelshintergrund ist ausgezeichnet gelungen. Nach rechts oben hin erkennt man eine Aufhellung, die aber nicht der Bildbearbeitung geschuldet ist, dort befindet sich das helle Band der Milchstraße, welches gerade eben nicht mehr im Bild ist. Die Farbgebung ist ebenfalls exzellent, die Sterne sind realistisch dargestellt und der Himmelshintergund ist neutral grau mit einem ganz leichten Hauch ins Blaue, was den visuellen Eindruck des namibischen Nachthimmels perfekt wiedergibt.
Eine Schwierigkeit bei solchen Aufnahmen dichter Sternfelder mit relativ kurzen Brennweiten ist es, die Sterne so in den Hintergrund zu drängen, dass sie nicht das eigentliche Objekt überdecken. Hermann von Eiff hat bei der Bildbearbeitung genau das beabsichtigt, man erkennt es ziemlich gut. Der Nebel tritt sehr plastisch, fast dreidimensional hervor, während die Sterne angenehm dezent erscheinen und nicht das gesamte Feld dominieren.
Schaut man sich die Bildgröße an und vergleicht diese mit der Chiparchitektur, stellt man fest, dass es sich um eine ca. um 55% verkleinerte Version handelt. Ich möchte das zum Anlass nehmen nocheinmal den Aspekt Bildgröße anzusprechen. Fotografiert man mit Brennweiten üblicher Kameraobjektive (50-300 mm Brennweite) ist es nahezu unmöglich Sterne oder Details noch angenehm bzw. gut aufgelöst darzustellen. Das ist nun mal den größeren Teleskopen vorbehalten. Im Klartext gesprochen heißt das, es ergibt gar keinen Sinn sich eine 100% Version dieses hier vorliegenden Bildes anzuschauen, da man nicht mehr Detailauflösung als in der 50% Version erwarten kann. Im Gegenzug kann man sich einige Vorteile des kleineren Bildmaßstabes zu Nutzen machen, etwa eine gesteigerte Rauschreduzierung, oder eine Bildbearbeitung, die die Sterne zurückdrängt, wie es ja hier geschehen ist. Dadurch bekommt das Bild mehr Tiefe, man geht also gewissermaßen einen Handel ein. Auf der anderen Seite muss sich jeder fragen wieviel Sinn es dann noch ergibt, überhaupt mit solchen großen und teuren Kameras zu arbeiten. Das ist aber nur als Denkanstoß gedacht. Auch sollte ja jedem klar sein, dass kleine Brennweiten von vorneherein einen ganz anderen Blick auf die Objekte geben sollen. Die Entscheidungen was man nun wie macht gehören eben zur Astrofotografie, und man erkennt am vorliegenden Bild ganz klar, dass Hermann von Eiff bewusst und getreu dem Motto: „was will ich zeigen“ vorgegangen ist. Heraus kam dieses sehr gute Astrofoto, zu dem wir recht herzlich gratulieren.
Kommentar zum Bild: Frank Sackenheim
Koordinaten von NGC 6726-7 (J2000.0):
RA = 19 h 01 min 40,7 s, DE = -36° 53´ 02´´
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