Die H-alpha Instrumententechnik
Die Lichtintensität, die die Chromosphäre aussendet, ist etwa um den Faktor 1Million mal geringer als die der Photosphäre. Um die Chromosphäre überhaupt sichtbar werden zu lassen, muss man mit Hilfe spezieller Filter einen sehr engen Bereich aus dem kontinuierlichen Spektrum des Sonnenlichtes ausfiltern. Je schmaler die sogenannten Halbwertsbreiten dieser Filter sind, umso teuerer werden sie. Die Wellenlänge, in der die chromosphärischen Erscheinungen zu beobachten sind, liegt genau bei 656,3 Nanometer; Es ist eine Wasserstofflinie und sie erscheint dem Auge in tiefroter Farbe.
Die Halbwertsbreite (HWB) eines Filters bezeichnet die Breite - in Ångström oder in Nanometer - des Wellenlängenbereiches der bei der Hälfte der maximalen Transmission das Filter passiert. Die Transmission ist letzlich das Maß für die Bildhelligkeit. Er besagt wieviel Licht (in %) das Filter bei der entsprechenden Wellenlänge passieren läßt. Werte über 50% sind sehr gut und liefern helle, kontrastreiche Bilder, Transmissionen von 30 - 40% entsprechend dunklere.
Filter mit Halbwertsbreiten zwischen 0.5 - 1.2 Å sind sehr schmalbandig und gestatten die Beobachtung der Sonne ohne Zusatzfilter und ohne Abdeckung der Sonnenscheibe im Brennpunkt (Stichwort: Protuberanzenfernrohr). Bis ca. 0.8 Å sind auch auf der Scheibe noch die Oberflächendetails zu sehen. Filter mit Halbwertsbreiten größer 1.5 Å erfordern eine Blende im Teleskop (Protuberanzenfernrohr), andernfalls sind Augenschäden nicht auszuschließen.
Für die Chromosphärenbeobachtung kommen zwei verschiedene Beobachtungstechniken zum Einsatz, abhängig davon ob der Beobachter ausschliesslich den Sonnenrand oder sowohl Rand als auch die Sonnenoberfläche gleichzeitig beobachten möchte. Beide Techniken erforden spezielle Filter und/oder Zubehörteile und beide Methoden erfordern den Einsatz erheblicher finanzieller Mittel.
Der Protuberanzenansatz


Soll nur der Sonnenrand und damit ausschliesslich Protuberanzen am Sonnenrand beobachtet werden, kann man ein sogenanntes Protuberanzenfernrohr oder einen Protuberanzenansatz einsetzen. Das erste Protuberanzenfernrohr wurde in den 30ger Jahren von Bernhard Lyot am Observatorium Pic du Midi entwickelt. Das Prinzip ist eigentlich simpel. Man fügt im Brennpunkt des Teleskops eine Blende ein die praktisch eine künstliche Sonnenfinsternis erzeugt. Sonnenrand und Blende werden dann über eine Projektionslinse in einem neuen Brennpunkt abgebildet und können dort durch ein Okular betrachtet werden. Zwischen Blende und Okular wird ein schmalbandiges Filter, welches nur das Licht der roten Wasserstofflinie passieren lässt, eingefügt.
Bis in die späten 60ziger Jahre waren Protuberanzenfernrohre aufwendige und komplizierte Spezialteleskope und für keine anderen Beobachtungen nutzbar. Der Amateurastronom W.Lille hat später in langjährigen Versuchen - aus immer wieder mechanisch verkürzten Konstruktionen - schliesslich einen Protuberanzenansatz entwickelt, der wie ein x-beliebiges Zubehörteil am Okularauszug eines Teleskops angesetzt wird. Das Teleskop bleibt somit auch für jedwede andere Art der Beobachtung weiter einsetzbar.
Es gibt - meines Wissens nach - nur eine einzige Firma, die Protuberanzenansätze kommerziell fertigt und vetreibt. Es ist die Firma Baader Planetarium GmbH in Mammendorf, die hier eng mit W. Lille zusammenarbeitet. Die Ansätze sind lieferbar für Standardbrennweiten der kommerziellen Teleskope, gegen Aufpreis werden aber auch Ansätze für spezielle Brennweiten geliefert.
In den 70- und 80er Jahren konnte man noch mit engbandigen Kantenfiltern aus Rotglas Protuberanzen beobachten, durch die zunehmende Luftverschhmutzung braucht man heute Filter von Halbwertsbreiten zwischen 3 und 10 Å (je nach Beobachtungsort)
Oberflächenfilter
Wer einmal die gesamte Sonnenscheibe zu Zeiten einen Sonnenfleckenmaximums mit einem geeigneten Instrument durch einem guten, sehr schmalbandigen, H-alpha Filter beobachtet hat, den wird der "H-alpha Virus" nicht mehr loslassen. Der Beobachter hat Eindruck auf ein brodelndes Inferno zu schauen, welches ständig im Umbruch ist. Oberflächendetails der Chromosphäre ändern sich im Minutentakt. Kleine Protuberanzen und Filamente enstehen und bilden sich innerhalb von wenigen Stunden zurück. Während des Sonnenfleckenmaximums kann man oft pro Tag einen oder mehrere Sonnenflares beobachten. Riesengroße Randprotuberanzen steigen innerhalb einer Stunde mehrere hunderttausend Kilometer in den Raum, lösen sich von der Chromosphäre ab und verlieren sich im Weltraum.
Solche Beobachtungen gehören zu den Eindruckvollsten, die ein Amateurastronom durchführen kann.
Erforderliche Teleskope
Beobachtungen im H-alpha Licht erfordern ein hohes Mass an Bildkontrast und sind extrem anfällig gegen instrumentelles (aber auch atmosphärisches) Streulicht. Aus diesem Grund kann hier als Instrument nur "der gute alte Refraktor" empfohlen werden. Protuberanzenansätze sind ohnehin nur an Refraktoren zu betreiben.
Spiegelteleskope und Schmidt-Cassegrain Systeme erzeugen an den reflektierenden Oberflächen der Spiegel -physikalisch bedingt - je nach Art der Spiegelbedampfung mehr oder minder hohe Streulichtanteile. Sie sind für H-alpha Beobachtungen nur sehr bedingt empfehlenswert.
Für Beobachtungen mit einem Protuberanzenansatz ist eine gut aufgestellte (eingenordet) Montierung mit einem Motorantrieb in Rektaszension ein absolutes Muß, da sonst permanent die Sonnenscheibe an der Blende vorbeischeint.