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Die Marsmonde

Zwei Monde umkreisen den roten Planeten, Phobos und Deimos, zu Deutsch: Furcht und Schrecken. Entdeckt wurden sie im Jahr 1877 durch den amerikanischen Astronomen Asaph Hall III, mit dem 26-Zoll-Refraktor des United States Naval Observatory in Washington, D.C., einem Teleskop mit knapp 10 Metern Brennweite, dem damals größten Refraktor der Welt.

Erst mit Hilfe von Raumsonden konnte die wahre Natur der beiden Marstrabanten aufgeklärt werden. Die ersten Aufnahmen gelang dem Marsorbiter Mariner 9. Auf ihnen sind zahlreiche Einschlagkrater zu erkennen

Die beiden Monde haben jeweils einen Durchmesser von einigen Kilometern und ihre Formen erinnern entfernt an überdimensionale Kartoffeln. Ihre Oberflächen sind ziemlich dunkel. Beide Monde ähneln stark Asteroiden, daher vermutet man, dass es ehemalige Asteroiden sind, die vor langer Zeit von der Schwerkraft des Mars eingefangen wurden.

Beide Marsmonde rotieren gebunden um ihre kürzeren Achsen, d. h. sie rotieren genau einmal, wenn sie um den Planeten laufen. Von der Marsoberfläche ist also nur dieselbe Seite zu sehen, ähnlich wie bei unserem Mond.

Physikalische Eigenschaften der beiden Marsmonde

Mond Maße Entfernung Siderische Umlaufzeit Synodische Umlaufzeit Dichte
Phobos 13x11x9 km 9.376 km 7h 39m 12s 11h 06m 22s 1,89 g/cm³
Deimos 8x6x5 km 23.458 km 1d 6h 18m 5d 11h 26m 1,7 g/cm³

Phobos

Phobos ist der größere der beiden Monde. Seine Oberfläche ist übersät von Kratern, wie es für viele Asteroiden typisch ist. Zusätzlich ist er von bis 500 Meter breiten Rillen und Furchen überzogen. Möglicherweise entstanden sie durch Gezeitenkräfte, die den Körpern auseinander reißen möchten. Bei einer Dichte des Mondes von rund 2 Gramm pro Kubikzentimeter liegt die Roche-Grenze bei etwa 10.400 Kilometern. Dadurch unterscheiden sich die Anziehungskräfte zwischen der dem Planeten zugewandten Seite und der entgegengesetzten enorm. Diese Gezeitenkräfte führen dazu, dass sich der Bahnradius alle 100 Jahre um zwei Meter verkleinert. Deshalb wird in etwa 20 bis 50 Millionen Jahren Phobos auseinanderbrechen. Dann werden seine Bruchstücke einen Ring um den Planeten bilden bzw. auf die Marsoberfläche herabstürzen.

Der größte Krater Hall liegt am Südpol und durchmisst 13 km und macht somit etwa die Hälfte des Monddurchmessers aus. Der zweitgrößte Krater Stickney wurde nach dem Mädchennamen von der Ehefrau des Entdeckers Asaph Hall III benannt. Dieser Krater mit einem Durchmesser von 9 Kilometer ist in der nebenstehenden Aufnahme unten rechts zu sehen. Auf Phobos sind inzwischen 260 Krater bekannt, wovon die meisten kreisförmig sind.

Auch der Astronom Kepler wurde auf dem Marsmond verewigt. Nach ihm wurde ein 20 Kilometer langer Bergrücken benannt: Kepler-Dorsum (Kepler-Rücken).

Da die Umlaufzeit des Mondes deutlich kürzer ist, als die Umdrehungsdauer des Planeten geht Phobos alle 11 Stunden und 6 Minuten im Westen auf. Sein Untergang erfolgt am Osthorizont. Tatsächlich bewegt sich der Mond innerhalb der Roche-Grenze des Mars, die bei 10.900 km liegt.

Bei einer günstigen Opposition, wenn der Abstand Erde-Mars am kleinsten ist, erreicht Phobos eine scheinbare Helligkeit von 11,3 mag und entfernt sich bis zu knapp 24 Bogensekunden vom Rand des Planetenscheibchens. Dennoch braucht man für die Beobachtung des Trabanten immer noch ein größeres Teleskop, 10 Zoll Objektiv- bzw. Spiegeldurchmesser oder mehr, weil die helle Planetenscheibe des Mars Phobos sonst überstrahlt.

Deimos

Der kleinere Deimos ist der vom Mars entferntere Mond. Der Mond ist mit 11x12x15 Kilometer etwas mehr als halb so groß wie Phobos. Er ist ebenfalls mit Kratern übersät, wenngleich etwas weniger als Phobos.

Seine Bahn ist nahezu kreisförmig mit einer mittleren Entfernung von 23.463 Kilometer. Deimos benötigt etwa 30 Stunden für einen Bahnumlauf. Dadurch erscheint er von einem Punkt auf der Oberfläche fast stillzustehen; der Mond kann somit rund zweieinhalb Tage über dem Horizont zu sehen sein.

Zwei Krater auf dem Marsmond wurden nach seinen literarischen Entdeckern Swift und Voltaire benannt. Beide sind in der nebenstehenden Abbildung nahe dem Terminator auf der rechten Seite als nebeneinander liegendes Paar zu sehen. Dabei ist Voltaire der Größere der beiden.

Bei einer mittleren Opposition erreicht Phobos eine scheinbare Helligkeit von 12,4 und entfernt sich bis zu 1 Bogenminute und 16 Bogensekunden vom Rand des Planetenscheibchens.

Sagenhaftes und Literarisches

Wenn man so will, wurden die beiden Trabanten des Mars mehrfach „entdeckt“. In der griechischen Mythologie waren sie die Söhne des Kriegsgottes Ares und Aphrodite, Göttin der Liebe, Schönheit und Begierde. In Homers Ilias begleiten sie ihren Vater in die Schlachten um Troja.

Die zweite „Entdeckung“ der beiden Marstrabanten gelang Johannes Kepler 1610. Kepler war nicht nur Mathematiker, sondern auch Mystiker, der an eine vollkommene Harmonie der Planetenbahnen glaubte. Der Mystiker Kepler schlussfolgerte nach der Entdeckung der vier großen Monde des Jupiter durch Galilei, dass der Mars von zwei Monden umkreist werden müsse. Venus besaß keinen Mond, die Erde einen und Jupiter vier. Folglich musste Mars zwei Monde haben.

Zum dritten Mal tauchen Phobos und Daimos im 1727 erschienen Roman Gullivers Reisen von Jonathan Swift auf. Dort kommt der Held zur sagenhaften Insel Laputa. Die dortigen Astronomen hatten zwei kleine Satelliten des Mars entdeckt. Der innere Mond ist genau 3 Marsdurchmesser von dessen Zentrum entfernt und der äußere 5 Marsdurchmesser. Der innere Mond läuft im Roman einmal in 10 Stunden um den Mars, während der äußere 21,5 Stunden braucht. Nicht schlecht geraten. Die tatsächlichen Werte lauten 7 Stunden und 39 Minuten bzw. 30 Stunden und 18 Minuten. Vermutlich hat Swift die Abstände einfach geraten, die Umlaufzeiten folgen aus dem 3, Keplerschen Gesetz.

1750 erschien der Roman Micromégas des französischen Philosophen Voltaire, in dem Reisende vom Hundsstern, Sirius, zum Mars kommen und dort zwei Monde sehen.

Quellen

Keller, H.-U., Kosmos Himmelsjahr 2016, S. 108ff (2015), Franckh-Kosmos Verlags-GmbH und Co. KG, Stuttgart, ISBN 978-3-440-14580-7

Mars Fact Sheet

Wilford, J.Noble (1992): Die Marsmonde. In: John Noble Wilford (Hg.): Mars - Unser geheimnisvoller Nachbar. Vom antiken Mythos zur bemannten Mission. Basel, s.l.: Birkhäuser Basel, S. 91–107. Online verfügbar unter https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-0348-6089-5_5.

Wikipedia

Glossar

Roche-Grenze

Befindet sich ein Himmelskörper in einer Umlaufbahn um einen größeren, wie es bspw. bei Monden der Fall ist, so wirken unterschiedliche Anziehungskräfte auf ihn. Auf die Seite, die dem Planeten zugewandt ist, wirkt eine stärkere Anziehung als auf die dem Planeten abgewandte Seite. Dadurch wird der umkreisende Himmelskörper etwas auseinandergezogen. Je enger die Umlaufbahn ist, umso größer werden die zerrenden Gezeitenkräfte. Diesen wirkt die eigene Schwerkraft und die Festigkeit des Materials des Mondes entgegen. Aber ab einem bestimmten Abstand überwiegen die Gezeitenkräfte des Planeten und zerreißen den Trabanten.

Für die Berechnung der Roche-Grenze im Falle eines festen Körpers werden einige vereinfachende Annahmen gemacht. So ist der Satellit kugelförmig, rotiert nicht und wird durch Gezeitenkräfte nicht verformt. Die Roche-Grenze wird dann erreicht, wenn ein Testkörper in einem Punkt auf der Oberfläche des Mondes, die dem Planeten am nächsten ist, zu schweben beginnt.